MADE Spätlese

Freie Darstellende Künste mischten mit ihrer Jubiläums-Ausgabe die Landeshauptstadt auf

Das MADE-Festival feierte 10. Geburtstag in Wiesbaden als Publikumserfolg

Die Theater-Spielzeit beginnt und schon ist wieder Festivalzeit in der hessischen Landesmetropole. Chapeau und Da capo! für das innovative Theaterfestival MADE!, das mit hohem Niveau und persönlichem Flair gepunktet hat. Drei wunderbare Tage mit warmherziger Festival-Atmosphäre gingen erstmals – und viel zu schnell! – über die „Bretter“ der Landeshauptstadt.

Initiatorin Angelika Sieburg vom Wu Wei-Theater Frankfurt (mit Andreas Wellano) bildete als langjährige Vorsitzende von laPROF mit Katja Hergenhahn und Steffen Lars Popp das furiose Dreigestirn der Festivalleitung. Das vom Kulturfonds Rhein-Main als Leuchtturm geförderte Festival der Freien Theatergastspiel-Kultur hallt nach und bleibt als kulturelles Highlight in Erinnerung.

Zum 10. Geburtstag des Festivals wurde auch der öffentliche Raum der Landeshauptstadt zur Bühne ge-MADET. „Rolling over Wiesbaden“ setzte das Theaterlabor Inc. aus Darmstadt in eine Selbst-Erfahrung um. Es ging mit einer „exemplarischen Forschungsgruppe“ in 12 Rollstühlen auf Achse. Performativ boten ausgewählte Stationen neue Perspektiven auf die City.

Mobile Albania inszenierte mit dem „APPARAT“ echt analoge Fern-Gespräche im Kulturpark am Schlachthof und in der Kreativ-Fabrik. Alles kreist in diesem Netz-Werk. Von Hochsitz zu Hochsitz übermittelt ein menschlicher Daten-Träger die Botschaften, die per Hand-Schrift in einer Wolke (neudeutsch: Cloud) lesbar werden.

Auch das ist Kommunikation: Ungeplante Aufmerksamkeit bekam die „Nicht-Deutsche Post“ von Ruby Behrmann und Asia Mahgoub. Die beiden Schreib-Tische vor Landtag und Rathaus, an denen sich eine kreativ gestaltete Postkarte an eine unbekannte Person schreiben ließ, wurde zum Puffer. Gelbwesten-Demo und Antifa-Demo standen sich am Schloßplatz gegenüber.

Neben den laProf-Ehrenpreisen – für FAZ-Kulturredakteurin Eva-Maria Magel, Marburgs OB Dr. Thomas Spies und FLUX-Projektleiterin Ilona Sauer – gab es weitere begehrte Würdigungen. Die Preise trafen „die Richtigen“, zeigte der lautstarke Applaus bei der Bekanntgabe in der Schlachthof-Gastronomie 60/40. Christine Diez (Goj-Teatr), Beate Krist und Jonathan Roth (Theater 3D) kürten als Fachjury das Theater „Eleganz aus Reflex“ mit „Rot oder tot, Folge 2. Der Weltfrieden hat nichts mit Dir zu tun“ zum Preisträger. Mauer bauen? Prager Frühling? Das Publikum ist in Carolin Millners unter die Haut gehenden DDR-Szenen um Bettina Wegner („Sind so kleine Hände“) und Autor Thomas Brasch mit von der Partie und interveniert lustvoll.

O wie schön ist Krakau. Für ihr packendes Multimedia- Dokumentartheater „Wollen Sie Ihren Vater wirklich in den Papierkorb verschieben?“ bekam die renommierte Schauspielerin Cornelia Niemann mit Regisseurin Sabine Loew und Musiker Martin Lejeune) den Publikumspreis. „Wir sind die Generation Heimaturlaub“. Ihre aufrüttelnde, Ironie nicht aussparende „Spurensuche“ läßt Gänsehaut rieseln, ihre brillante Verkörperung macht atemlos. Die vielschichtige Collage wartet mit berührenden Videoszenen eines Schulprojekts auf und bietet Diskussionsstoff für alle Generationen.

Fazit

MADE hat gezeigt: So geht „Willkommens-Kultur“. Das Publikum ließ sich gar zu gerne „er-greifen“- und das zu 100 % und „meer“. Es hieß: „Wir fühlen uns bei MADE wie unter Freundinnen und Freunden“.

Gesine Werner
Redaktion Der Wiesbadener

Foto: Alexander Paul Englert